2. BaFin: Richtlinie für nachhaltige Publikumsinvestmentvermögen wird aufgeschoben

24. Mai 2022

Die BaFin legt die Veröffentlichung ihrer geplanten Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen auf Eis. Dies erfolge "vor dem Hintergrund der dynamischen regulatorischen, energie- und geopolitischen Lage", sagte Behördenchef Mark Branson anlässlich der Jahrespressekonferenz der BaFin (siehe zur Jahrespressekonferenz und der Vorstellung des Jahresberichts 2021 den separaten Beitrag). "Für eine dauerhafte Regulierung ist das derzeitige Umfeld nicht ausreichend stabil."

Seit Mai vergangenen Jahres arbeitete die BaFin an eigenen Regeln für Nachhaltigkeitsfonds; im Rahmen einer informellen Verbändekonsultation wurde ein erster Entwurf zirkuliert, den auch der BAI kritisiert hatte, vor allem, da es sich um einen nationalen, EU-weit nicht abgestimmten Alleingang handelt und diese Vorgaben somit nur für in Deutschland aufgelegte Fonds Geltung haben, nicht hingegen für in Deutschland vertriebene EU-Fonds.

Im August wurde dann ein leicht modifizierter und nachgebesserter Entwurf der Richtlinie veröffentlicht, der in der Branche immer noch auf deutliche Kritik stieß, vor allem aus den vorgenannten Gründen. Zudem wurde kolportiert, dass diese Grundsätze von der BaFin auch auf Spezial-AIF angewendet würden.

Nach der Ankündigung von Herrn Branson stellt sich die Sachlage wie folgt dar:

  • Die aufsichtsrechtliche Einordnung als nachhaltiges Investmentvermögen folgt im Prinzip den bereits aus der Konsultationsfassung bekannten Grundsätzen für die Investition in nachhaltige Vermögensgegenstände bzw. der Verfolgung einer nachhaltigen Anlagestrategie sowie die Nachbildung eines nachhaltigen Index. Durch die Abstandnahme vom Erlass der Richtlinie besteht nunmehr die Möglichkeit, die BaFin-Verwaltungspraxis weiterzuentwickeln, was durchaus auch im Sinne der Branche sein kann. Die BaFin signalisiert hier eine pragmatische Vorgehensweise.
  • Konkret vorgegeben bleibt aber, dass "grüne" Fonds mindestens 75 Prozent in nachhaltige Anlagen investieren, eine ESG-Strategie verfolgen oder einen entsprechenden Index abbilden müssen.
  • Unabhängig davon ist es auch möglich, mit Investmentvermögen EU-Climate-Transition-Benchmarks sowie EU-Paris-aligned-Benchmarks im Rahmen einer passiven Anlagestrategie nachzubilden.
  • Auch die Vorgaben zu Mindestausschlüssen bleiben. Ein wesentliches Prinzip im europäischen Regulierungsrahmen zur Nachhaltigkeit ist unter anderem, dass Umweltziele im Rahmen von nachhaltigen Investitionen nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfen („do not signifcant harm“-Prinzip). In Anlehnung hieran wird zukünftig zu berücksichtigen sein, dass Portfoliounternehmen ihren Umsatz zu nicht mehr als 10% aus der Förderung/Energiegewinnung fossiler Brennstoffe wie Öl, Kohle, Schiefersand generieren.
  • Gleichzeitig legt die aktuelle Entwicklung auf EU-Ebene in der Taxonomie nahe, dass die Energiegewinnung aus Erdgas sowie Atomkraft unter gewissen Bedingungen als Übergangstechnologie für nachhaltige Investmentvermögen nicht ausgeschlossen ist. Anleger sind hierüber in den Verkaufsunterlagen zu informieren.
  • Klarstellend erfolgt der Hinweis, dass geächtete Waffen nicht in nachhaltigen Investmentvermögen vertreten sein können.
  • Diese Grundsätze finden auf Spezial-AIF explizit keine Anwendung, wie auf Nachfrage von der BaFin nochmals bestätigt wurde.
  • Gleiches gilt für nicht-deutsche Zielfonds, in die investiert wird, diese sollen ebenfalls Mindestausschlüsse enthalten und „überwiegend“ in nachhaltige Anlage investieren.

Die Rede von BaFin-Präsident Mark Branson finden Sie hier:

Rede

 

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