2. Sustainable Finance/Taxonomie: EU-Kommission veröffentlicht Delegierten Akt zu Art. 8

Zusammen mit der erneuerten Sustainable Finance Strategy hat die EU-Kommission am 6. Juli 2021 auch den erwarteten Delegierten Akt (Verordnung) zu Art. 8 Taxonomie-Verordnung veröffentlicht. Eine erste Konsultation dazu erfolgte bis Anfang Dezember 2020, an welcher sich auch der BAI beteiligt hatte. Nach dem Final Report hatte die EU-Kommission dann den Entwurf der Delegierten Verordnung veröffentlicht, wie der BAI im Beitrag 6 der Infomail III/2021 berichtet hatte.

Zum Hintergrund

Am 12. Juli 2020 ist die Taxonomie-Verordnung in Kraft getreten. Die Verordnung stellt zusätzliche Anforderungen an große Unternehmen von öffentlichem Interesse, die unter die Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung (NFRD – Non-Financial Reporting Directive) fallen (siehe dazu unten). Jedes dieser Unternehmen wird in seiner nichtfinanziellen Erklärung Angaben darüber machen müssen, wie und in welchem Umfang seine Tätigkeiten als ökologisch nachhaltig im Sinne der Taxonomie-Verordnung gelten. Der erste delegierte Rechtsakt zu den technischen Screening-Kriterien für Wirtschaftstätigkeiten, die wesentlich zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen wurde am 21. April 2021 erlassen. Ein weiterer delegierter Rechtsakt, der die technischen Screening-Kriterien für die übrigen vier Umweltziele festlegt wird erarbeitet.

Darüber hinaus muss die Kommission gemäß Art. 8 Abs. 4 der Taxonomie-Verordnung einen delegierten Rechtsakt erlassen, in dem die genauen Anforderungen für diese neuen Angaben festgelegt werden. Am 6. Juli 2021 hat die EU-Kommission den endgültigen Delegierten Rechtsakt zur Offenlegung erlassen, der Art. 8 der Taxonomie-Verordnung ergänzt. Das Europäische Parlament und der Rat haben seither eine Frist von 4 Monaten, einmal verlängerbar um 2 Monate, um den Delegierten Rechtsakt zu prüfen (scrutiny period). Danach soll der delegierte Rechtsakt ab dem 1. Januar 2022 gelten. Der delegierte Rechtsakt wird für Unternehmen gelten, auf die die NFRD Anwendung findet (z. B. große Unternehmen von öffentlichem Interesse (mit mehr als 500 Mitarbeitern), einschließlich Unternehmen mit in der EU börsennotierten Schuldtiteln oder Aktien, Banken und Versicherungsgesellschaften und andere benannte nationale Behörden). Nach der geplanten Überarbeitung der NFRD durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) würde der Anwendungsbereich der Unternehmen, die unter Art. 8 der Taxonomie-Verordnung fallen, deutlich erweitert.

Der delegierte Rechtsakt zur Offenlegung hilft Unternehmen, die technischen Screening-Kriterien des delegierten Rechtsakts zum Klima (und des künftigen delegierten Rechtsakts zum Umweltschutz) in quantitative Leistungskennzahlen (sog. KPIs – Key Performance Indicators) zu übersetzen, die gemäß der Taxonomie-Verordnung der Öffentlichkeit gegenüber offengelegt werden müssen.

Nicht-finanzielle Unternehmen müssen den Anteil ihres Umsatzes (turnover), ihrer Investitions- und ihrer Betriebsausgaben (CapEx – Capital Expenditures – und OpEx – Operational Expenditures) offenlegen, der mit ökologisch nachhaltigen wirtschaftlichen Aktivitäten verbunden ist, die mit den Kriterien der EU-Taxonomie (d.h. der Taxonomie-Verordnung sowie dem Delegierten Rechtsakt zum Klima und dem zukünftigen Delegierten Rechtsakt zum Umweltschutz, also den Technical Screening Criteria) übereinstimmen. Finanzinstitute (Banken, Vermögensverwalter, Wertpapierfirmen und Versicherungs-/Rückversicherungsunternehmen) müssen den Anteil der an der Taxonomie ausgerichteten Wirtschaftstätigkeiten an ihren Finanzaktivitäten offenlegen.

In Bezug auf Finanzunternehmen definiert die Delegierte Verordnung spezifische KPIs und Berechnungsmethoden, die zu verwenden sind.

Vermögensverwalter/Assetmanager

Für die Asset-Management-Branche am wichtigsten ist der KPI für Vermögensverwalter. Die Delegierte Verordnung definiert einen KPI für Vermögensverwalter. Dieser KPI ist definiert als der Anteil der von einem Vermögensverwalter verwalteten ökologisch nachhaltigen Anlagen am Wert aller Anlagen aus seiner kollektiven und individuellen Portfolioverwaltung (Green Investments Ratio).

Insbesondere müssen die Vermögensverwalter eine Aufschlüsselung machen nach:

  • jedem Umweltziel und den aggregierten ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten;
  • eine Untergruppe von Übergangs- und Ermöglichungswirtschaftstätigkeiten (transitional and enabling economic activities); und
  • und Art der Investition (Instrument).

Für Asset Manager ist Art. 3 der Delegierten Verordnung relevant, der wie folgt lautet:

Artikel 3: Angaben von Vermögensverwaltern

(1) Vermögensverwalter legen die in Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2020/852 genannten Angaben gemäß den Anhängen III und XI der vorliegenden Verordnung offen.

(2) Die in Absatz 1 genannten Angaben werden in Tabellenform unter Verwendung der Meldebögen in Anhang IV geliefert.

 

In den Anhängen, auf welche Art. 3 verweist, finden sich in Anhang III die „KPI of asset managers“/Vermögensverwaltern, in Anhang IV das „Template for the KPI of asset managers“ (Meldebogen für die KPI von Vermögensverwaltern) und in Anhang XI die „Qualitative disclosures for asset managers, credit institutions, investment firms and insurance and reinsurance undertakings”, also die „Qualitativen Angaben für Vermögensverwalter, Kreditinstitute, Wertpapierfirmen sowie Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen“.

Die Offenlegung der quantitativen KPIs ist durch folgende qualitative Informationen zu ergänzen, um die Erklärungen der Finanzunternehmen und das Verständnis der Märkte für diese KPIs zu unterstützen (wie in Anhang XI vorgegeben):

  • Hintergrundinformationen zur Untermauerung der quantitativen Indikatoren, einschließlich des Umfangs der für den KPI erfassten Vermögenswerte und Tätigkeiten, Informationen über Datenquellen und Beschränkungen;
  • Erläuterungen zu Art, Zielen der taxonomiekonformen Wirtschaftstätigkeiten und zur ihrer Entwicklung im Laufe der Zeit, beginnend mit dem zweiten Jahr der Implementierung, wobei zwischen geschäftsbezogenen, methodischen und datenbezogenen Aspekten unterschieden wird;
  • Beschreibung der Einhaltung der Verordnung (EU) Nr. 2020/852 in der Geschäftsstrategie des Finanzunternehmens, bei den Produktgestaltungsprozessen und der Zusammenarbeit mit Kunden und Gegenparteien;
  • für Kreditinstitute, die keine quantitativen Angaben zu Handelskrediten offenlegen müssen, qualitative Angaben zur Anpassung der Handelsbestände an die Verordnung (EU) Nr. 2020/852, einschließlich der Gesamtzusammensetzung, beobachteten Trends, Ziele und Leitlinien;
  • zusätzliche oder ergänzende Angaben zur Untermauerung der Strategien des Finanzunternehmens und zur Bedeutung der Finanzierung von taxonomiekonformen Wirtschaftstätigkeiten in ihrer Gesamttätigkeit.

 

Kreditinstitute

Die Delegierte Verordnung definiert drei KPIs für Kreditinstitute:

  • einen Haupt-KPI für bilanzielle Aktiva im Zusammenhang mit Finanzierungsaktivitäten;
  • KPIs für außerbilanzielle Aktiva; und
  • einen KPI für Provisionen und Gebühren im Zusammenhang mit anderen Aktivitäten als Finanzierungen.

Gegebenenfalls sollten die Kreditinstitute auch Informationen in Bezug auf ihre Handelsportfolios offenlegen. Allerdings gelten zunächst nur der Haupt-KPI und der KPI für außerbilanzielle Forderungen, während die KPIs für Provisionen und Gebühren sowie für Handelsaktivitäten erst zu einem späteren Zeitpunkt gelten.

Der Haupt-KPI für Kreditinstitute ist die Green Asset Ratio (GAR), die definiert ist als der Anteil der Vermögenswerte eines Kreditinstituts, der in ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten investiert ist, an den gesamten relevanten Vermögenswerten. Die GAR sollte auf Basis der bilanziellen Forderungen (Aktiva) auf Basis des aufsichtlichen Konsolidierungskreises für die Arten von Aktiva berechnet werden.

Die Kreditinstitute sollten die aggregierte GAR für die gesamten bilanziell gedeckten Aktiva offenlegen und eine Aufschlüsselung nach dem:

  • mit den ökologisch nachhaltigen Vermögenswerten verfolgten Umweltziel;
  • der Art der Gegenpartei; und
  • der Untergruppe der Übergangs- und Ermöglichungsaktivitäten.

Wertpapierfirmen

Wertpapierfirmen müssen einen KPI für ihre wichtigsten Wertpapierdienstleistungen und Tätigkeiten, die auf eigene Rechnung gehandelt werden, und einen KPI für die Dienstleistungen und Tätigkeiten, die nicht auf eigene Rechnung gehandelt werden, offenlegen.

 

Versicherer und Rückversicherer

Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen müssen die KPIs in Bezug auf ihre Investitionen und Versicherungstätigkeiten offenlegen.

Der erste KPI bezieht sich auf die Anlagepolitik von Versicherern und Rückversicherern. Der zweite KPI bezieht sich direkt auf ihre versicherungstechnischen Aktivitäten.

Der KPI, der sich auf die Kapitalanlagen bezieht, sollte als der Anteil der Kapitalanlagen von Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, die mit ökologisch nachhaltigen wirtschaftlichen Aktivitäten verbunden sind, im Verhältnis zu ihren gesamten relevanten Kapitalanlagen berechnet werden.

Der KPI, der sich auf versicherungstechnische Aktivitäten bezieht, sollte als der Anteil der "gebuchten Nichtlebens-Bruttoprämien" berechnet werden, die umweltverträglichen Versicherungstätigkeiten im Sinne des Delegierten Rechtsakts zum Klimawandel (Versicherungen im Zusammenhang mit Klimaanpassung) entsprechen, im Verhältnis zu den gesamten gebuchten Nichtlebens-Bruttoprämien.

 

Zeitplan und Änderungen

In den endgültigen delegierten Rechtsakt wurden eine Reihe von Änderungen aufgenommen, nachdem während der Konsultationsphase, die Anfang Juni 2021 endete, Rückmeldungen gesammelt wurden. Insbesondere wurde die Anwendung des Delegierten Rechtsakts zur Offenlegung auf Finanzunternehmen auf den 1. Januar 2024 verschoben, mit dem Verständnis, dass bestimmte Engagements und Investitionen von Finanzinstituten, einschließlich in Bezug auf Staatsschulden und Nicht-NFRD-Unternehmen, möglicherweise nicht vollständig in ihren KPIs berücksichtigt wurden. Der Delegierte Rechtsakt zur Offenlegung wird bis zum 30. Juni 2024 überarbeitet, um solche Engagements und Anlagen in den Anwendungsbereich der KPIs für Finanzinstitute aufzunehmen.

Die EU-Kommission hat das Datum für die Anwendung der Regelung somit nicht verschoben – es wird weiterhin erwartet, dass die betroffenen Unternehmen im Jahr 2022 für das Geschäftsjahr 2021 berichten. Finanz- und Nicht-Finanzunternehmen müssen für den ersten Bericht, der 2022 fällig ist, nur die Taxonomie-Eignung ihres Geschäfts offenlegen (und nicht das Taxonomy-Alignment). Bis Ende 2023 soll sich die Berichterstattung also auf die Offenlegung der Anteile an Investitionen in Geschäftsaktivitäten beschränken, für die technische Kriterien nach der EU-Taxonomie existieren („Taxonomy-eligible activities“).

Die Delegierte Verordnung hat aber die Angaben zum Taxonomy-Alignment für Finanzinstitute nun um zwei Jahre nach hinten verschoben, so dass sie ab dem 1. Januar 2024 (für das Geschäftsjahr 2023) beginnen. Von Unternehmen, die in den Anwendungsbereich fallen, wird erwartet, dass sie ab dem 1. Januar 2023 (für das Geschäftsjahr 2022) über das Taxonomy-Alignment berichten. Die Kommission folgt damit dem Brancheneinwand, dass der Ausweis von Taxonomie-Quoten erst auf Grundlage der Unternehmensberichte möglich sein wird, die ab Anfang 2023 erwartet werden.

Es soll nunmehr wohl möglich sein, den Anteil von taxonomiekonformen Investitionen in Unternehmen außerhalb der EU anhand von Schätzungen offenzulegen. Die Offenlegung soll allerdings getrennt von der verpflichtenden Berichterstattung der Taxonomie-Quoten erfolgen, die nach wie vor nur auf Grundlage berichteter Unternehmensdaten zu ermitteln sind. Die Überprüfung dieses Ansatzes ist bis Anfang 2025 geplant.

Der aktuelle Text der Delegierten Verordnung stellt zur Berechnung der Anteile an taxonomiekonformen Investitionen weiterhin nur auf Zielunternehmen ab. Investitionen in Sachwerte (Real Assets), insbesondere Immobilien (Real Estate), sind danach für die Berücksichtigung im Nenner der Berechnungsformel nicht vorgesehen.

Die finalen Empfehlungen der ESAs für die Taxonomie-Berichte auf Produktebene sind für Ende Juli 2021 zu erwarten und sollen dann in die Level-2-Texte zur Offenlegungsverordnung einfließen.

Sie finden die Delegierte Verordnung sowie weitere Informationen (Links zu den Anhängen 1-11 der Delegierten Verordnung sowie ein FAQ und eine Arbeit der Kommissionsdienststellen mit Hintergrundinformationen) unter nachfolgenden Links, zumeist auch in deutscher Sprache:

Delegierte Verordnung zu Art. 8 der Taxonomie sowie weitere Unterlagen (englisch)

Delegierte Verordnung und Anhänge in deutscher Sprache

 

 

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